Hier das erste Kapitel der Fest-Story aus dem Adventskalender, wie von Nephisto angekündigt...
Die Bovaner
Das Fest Kapitel Eins
Striker kam gerade aus dem Waschraum, als er auf dem Weg zurück in seine Kabine, an der Kantine vorbeikam. Er wäre beinahe vorbei gegangen, als ihm etwas auffiel.
Weinberg saß an einem Tisch und hatte einen der Laptops vor sich geöffnet stehen.
Dass war noch kein ausreichender Grund gewesen, um den Blick in die Kantine zu werfen. Weinberg hatte auf den dem Tisch, in der Mitte, eine rote einzelne Kerze gestellt, deren Flamme leicht hin und her zuckte.
Striker betrat die Kantine.
Sein Blick blieb auf der Kerze haften und er vergaß für einen Augenblick, dass er nur ein Handtuch um seine Hüften hatte.
Es war viele Jahre her, dass Striker eine Kerze sah. Eine Echte noch dazu.
„Weinberg, wo haben sie die Kerze her?“
Striker sprach sehr leise, so als müsste er sich auf jedes einzelne Wort konzentrieren.
Weinberg sah ihn an.
„Die hab ich von der Erde mitgenommen, als ich wusste, dass ich an dieser Mission teilnehmen werde.“
Nun sah Weinberg ebenfalls die Kerze an.
Striker war fasziniert von dem Flackern der Flamme, sie bewegte sich, als wenn Leben in ihr wäre. Er nahm jede Bewegung auf und sein Herz erfreute sich an diesem Anblick.
Doch fragte er sich, warum Weinberg die Kerze aufgestellt hatte.
Wieder fragte er ihn.
„Warum haben sie die Kerze aufgestellt?“
Weinberg schien zu überlegen, ob er Striker den Grund sagen sollte. Schließlich entschied er sich, es Striker zu erzählen.
„Ich habe sie angezündet, weil heute Heilig Abend ist. Ich wollte ein wenig daran erinnern.“
„Heilig Abend?“,fragte Striker mit einem Stirnrunzeln.
Weinberg war ein wenig überrascht. Kann es sein, dass Striker nichts von Heilig Abend wusste.
„Sagen sie bloß, sie wissen nicht, dass heute Heilig Abend ist? Oder sind sie ein Atheist?“
Nun sah er wieder zur Kerze.
„Natürlich, weiß ich was Heilig Abend ist. Zu hause haben wir es nur nie gefeiert. Wir wollten nicht in den Verdacht geraten, dass wir zu den Religiösen Menschen gehören. In unserer Nachbarschaft lebten ausschließlich Atheisten und Menschen, die alles Religiöse ablehnten.
Ich kann mich erinnern, als ich noch ein Kind war, dass meine Eltern sogar aus der Kirche ausgetreten sind, damit sie Karriere machen konnten.“
Nun schaute Weinberg etwas skeptisch.
„Ihre Eltern sind aus der Kirche ausgetreten, warum?“Striker setzte sich und erzählte davon.
„Meine Eltern wollten als Wissenschaftler beim Astronomischen Institut für Planetenforschung auf Cepheus 3 arbeiten. Die Station um Cepheus wurde von den Europäern finanziert und eine Vorraussetzung war, dass man alles religiöse aufgab. Meine Eltern waren nie sehr gläubig und so war es für sie kein Problem.“
Striker sah, dass Weinberg versuchte seine Ablehnung zu verbergen, aber es schaffte es nicht ganz.
„Und sie, warum feiern sie Weihnachten? Aus nostalgischen Gründen oder eine Frage des Glaubens?“
Striker fixierte Weinberg genau. Es war eine gefährliche Frage in diesen Zeiten, in denen die Fundamentalisten von allen Seiten versuchten die Wissenschaft und den ihnen unangenehmen Fortschritt, zu bekämpfen. In vielen Teilen der Erde hatten die Fundamentalisten die Macht und machten davon rigoros gebrauch.
Einzelne Gruppen machten auch vor Terroranschlägen nicht halt und zerstörten viele wissenschaftliche Anlagen und töteten die Gelehrten.
So wurde die Raumstation C4-Master, die um den Jupitermond Ganymed kreiste, von den christlichen Fundamentalisten durch einen Selbstmordattentäter buchstäblich pulverisiert.
Um weitere Anschläge zu verhindern, wurden strenge Sicherheitsmaßnahmen unternommen, so mussten alle, die auf den Stationen oder auf den Raumschiffen ihren Dienst verrichten wollten, sich einer gründlichen Überprüfung unterziehen. Man wollte so verhindern, dass die Fundamentalisten einen Schläfer an Bord brachten.
Und nun fragte Striker, ob Weinberg gläubig ist.
Weinberg überlegte.
„Ich bin nicht gläubig, es ist eher so, dass ich jetzt gerne auf der Erde wäre, bei meiner Familie. Früher haben wir Weihnachten im Kreise der Familie gefeiert, mit gutem Essen und haben Lieder gesungen.
Mein Onkel Erwin Rommel hat auf dem Klavier gespielt und meine Schwester auf der Geige.
Ich bin nicht getauft oder ähnliches, ich denke immer nur, dass es mehr geben muss als ein Leben, dass sich am Profit und am Reichtum orientiert. Es muss doch noch etwas anderes geben als der schnöde Mammon und dem fundamentalistischen Glauben.
Ich bin wohl auf der Suche woran ich glauben kann ohne alles für ihn aufgeben zu müssen.“
Eine ehrliche Antwort, wie Striker fand.
Striker stand auf und verließ die Kantine, um sich anzuziehen, denn es wurde allmählich kühl.
In der Kabine, warf Striker das Handtuch in den Wäschesack und suchte im Spind nach einem Overall.
Dann kämmte er sich die Haare und ging zurück in Richtung Kantine.
Auf dem Weg dorthin begegnete er Madison, der eine Flache Whiskey in der Hand hielt. Nach dem Etikett zu urteilen war es ein zwölf Jahre alter schottischer Whiskey.
„Wo wollen sie denn damit hin?“,fragte Striker und deutete auf die dunkle Flasche.
„In die Kantine. Heute ist Heilig Abend. Zum Anstoßen.“
Typisch Madison, dachte Striker. Immer nur so viele Worte sagen, wie unbedingt nötig.
„Ich begleite sie, na dann mal los.“
Striker machte den Weg frei und Madison nickte nur.
In der Kantine angekommen, holte Weinberg drei Gläser aus einen der Schränke und Madison schenkte jedem ein.
Sie nahmen die Gläser und prosteten sich gegenseitig zu und einige rührende Worte wurde gewechselt. Madison nickte jedes Mal nur.
„Dass ist das erste Mal, dass wir hier zusammensitzen, meine Herren.“,sagte Striker.
„Der Professor fehlt.“,meinte Weinberg.
„Der schläft gerade, der hat die nächste Schicht übernommen. Sogar freiwillig.“
Weinberg sagte es ohne Regung.
Striker fand es ein wenig merkwürdig, dass sich der Professor an so einem Tag abkapselt, aber vielleicht hat er keinen Bezug zum christlichen Feiertag.
Die drei Teammitglieder saßen in der Kantine und leerten ein Glas nach dem anderen.
Währenddessen war der Professor nicht am Schlafen sondern in eine Beschreibung der Bovaner vertieft, die ihn fesselte.
Es handelte sich um einen Bericht vom bovanischen Fest der Schöpfung, dass die Bovaner am Ende jeden Jahres im Kreise der Familie feierten, um an die Schöpfung der Welt und der Bovaner zu gedenken.
Die Geschichte stammt von einem gewissen Ozeman-drak.
Er lebte im beginnenden 29. Jahrhundert des Ersten Zeitalters und hat das Schöpfungsfest in allen Einzelheiten beschrieben und so etwas , wie einen Roman oder Epos geschrieben.
Der Professor ist zufällig auf den Text gestoßen, als er sich beim Suchen von neuen Textquellen am Laptop vertan hatte.
Und nun las er die Geschichte in seiner Kabine und hatte die Welt um sich herum vergessen.........