Die feudale Gesellschaftsordnung
Der Begriff Lehnswesen bezeichnet das System der Beziehungen zwischen Lehnsherren und belehnten Vasallen. Es bildete die Grundlage der hochmittelalterlichen Gesellschaftsordnung der abendländischen Staaten, vor allem aber des Heiligen Römischen Reichs.
Im Frühmittelalter bildete sich das Lehnswesen nach dem Vorbild des römischen Klientelwesens und aus dem germanischen Gefolgschaftswesen. Unter Lehen verstand man eine Sache (gewöhnlich ein Grundstück oder Gut), die dessen Eigentümer (Lehnsherr) zur Nutzung in den erblichen Besitz des Berechtigten unter dem Vorbehalt des Anheimfalls an sich selbst übergeben hatte. Dafür musste der Lehnsempfänger dem Lehnsherrn persönliche Dienste leisten. Beide verpflichteten sich zu gegenseitiger Treue: Der Lehnsherr zu Schutz und Schirm, der Lehnsempfänger zu Rat und Hilfe. Weiterhin waren Lehnsherr und Vasall einander zu gegenseitiger Achtung verpflichtet, d. h. auch der Lehnsherr durfte seinen Lehnsempfänger per Gesetz nicht schlagen, demütigen oder sich an seiner Frau oder Tochter vergreifen. Die dem Vasallen zustehende Berechtigung näherte sich in der Praxis dem tatsächlichen Eigentum so sehr an, dass man diese als "nutzbares Eigentum" und das Recht des eigentlichen Eigentümers als "Obereigentum" bezeichnete.
Oberster Lehnsherr war der jeweilige oberste Landesherr, König oder Herzog, der Lehen an seine Fürsten vergab. Diese konnten wiederum Lehen an andere Adelige vergeben, die sich von ihnen belehnen lassen wollten und oft in der Adelshierarchie unter dem Lehnsgeber standen.
Exkurs: Die Rangfolge von Kaiser, König, Herzog, Graf und Baron in Crusader Kings 2
In Crusader King 2 bilden die Grafschaften die prägnante Einheit auf der Landkarte. Jede der im Bild zu sichtbar abgegrenzten Regionen steht für eine dieser Grafschaften. Hier im Bild sehen wir verschiedene Grafschaften wie Thüringen, Württemberg oder die gelb markierte Grafschaft von Nassau.
In der Tafel links sehen wir, aus welchen Orten sich diese Grafschaft zusammensetzt. Diese Orte sind zugleich die kleinste Einheit im Spiel. Sie kommen in drei Varianten vor: Als Burgen, als Städte und als Bistümer. Die Burg bildet gewöhnlich (so auch hier) die Hauptstadt der Grafschaft, ihr Eigentümer ist zugleich Graf der gesamten Region. In diesem Fall ist das Heinrich IV. mit seiner Burg Nassau, dem das in der Tafel genannte Bistum Fulda sowie die Stadt Wetzlar untersteht.
Ein genauerer Blick in die Grafschaft zeigt die drei Unterortschaften.
1. Die Burg Nassau
2. Die Stadt Wetzlar
3. Das Bistum Fulda
Ein Klick in das jeweilige Symbol öffnet die Tafel der Ortschaften, dort kann man diese Ausbauen und Verbessern. In Wetzlar könnten wir derzeit z.B. die Stadtmauern für 71 Gold auf Stufe 2 ausbauen. Oben sieht man neben der jeweiligen Festungsstärke noch, wie viel Geld und wie viele bzw. welche Art von Truppen die Orte abwerfen. Grundsätzlich gilt wie in anderen Spielen auch: Burgen bringen Soldaten, Städte Geld.
Die Grafschaft Nassau beinhaltet also Burg, Stadt und Bistum. Selber ist die Grafschaft wiederum Teil eines Herzogtums. Heinrich IV. ist der Herzog von Franken. Wie wir sehen, besteht dieses derzeit aus den vier benachbarten Grafschaften Mainz, Leiningen, Würzburg und Bamberg.
Der Kniff mit dem Lehnsrecht ist nun, dass Heinrich IV. als Herzog von Franken nicht zwingend die dazugehörigen Grafschaften gehören müssen (das persönliche Eigentum eines Herrschers ist übrigens seine Domäne, sein Hausgut). Sie können auch jemandem anderen als Lehen vergeben worden sein. In diesem Fall ist das mit Mainz der Fall, das hat nämlich ein Erzbischof als Lehen erhalten. Da sehen wir bereits eine besondere Form der Grafschaft: Ist nicht die Burg "Hauptstadt" der Region, sondern das Bistum, spricht man nicht von einer Grafschaft, sondern von einem Prinz-Bistum (siehe oben in der Liste vom Herzogtum Franken: Prinz-Bistum von Mainz). Der Bischof von Mainz ist also sogar ein Erzbischof.
Dieser Erzbischof erhält also Steuern und Truppen von seinen Ortschaften in der Region Mainz. Er ist zugleich verpflichtet, einen Prozentsatz des Geldes an seinen Lehnsherrn abzuführen bzw. ihm in Kriegsfall Truppen zu stellen. In diesem Fall steht also Heinrich IV. als Herzog von Franken dies zu. Wie hoch die Abgaben sich bestimmen, richtet sich nach dem Steuersatz im Reich (es gibt einen separaten für Fürsten/Burgen, für Bischöfe/Bistümer und für Bürger/Städte) und nach der "Sympathie" des jeweiligen Vasallen gegenüber seinem Lehnsherr. Ein unzufriedener Vasall stellt seinem Herrn nicht die volle nominelle Abgabe zur Verfügung.
Es gibt in der gezeigten Tafel noch eine kleine Feinheit, die aber große Auswirkungen auf das Spiel hat. Dies zeige ich mal am Beispiel des Herzogtums Österreich. Das besteht, wie wir sehen, derzeit aus nur einer Grafschaft Österreich. Diese ist rechts gelb markiert.
Nun setzte ich einen Haken in das Kästchen "De jure" und wir sehen, was nach allgemeiner Ansicht eigentlich Teil des Herzogtums Österreich sein müsste. Die markierten Grafschaften verdeutlichen, dass das Herzogtum Österreich eigentlich deutlich größer sein müsste. Das empfindet verständlicherweise besonders der Herzog von Österreich selbst so! Er hat also einen "De jure"-Anspruch auf die Grafschaften Steiermark, Znojmo und Passau. Da diese in der Realität jemandem anderes gehören, ist im Spiel für Zündstoff gesorgt - der Herzog von Österreich hat damit nämlich einen "Casus belli" (einen Kriegsgrund) gegen seine Nachbarn. Ohne Casus belli kann man in Crusader Kings keinen Krieg beginnen!
Vom Herzogtum Österreich und seine De jure-Ansprüche gehen wir mal rauf in die Vogelperspektive. Das Bild zeigt die aktuelle Gestalt des Heiligen Römischen Reiches im Jahre 1066, also zu Spielbeginn. Das graue Gebiet mit der gelben Umrandung, das sind alles Vasallen des Kaisers. Links sieht man die stattliche Auflistung der ganzen Herzogtümer, Grafschaften, Prinz-Bistümer und Großstädte.
Schaut man sich die De jure-Gestalt des Reiches an, ist es deutlich kleiner. Die Territorien südlich der Alpen sowie Burgund fühlen sich nicht wirklich dem Reich zugehörig. In diesen Regionen hat der Kaiser also mit Ärger zu rechnen.
In der Liste des obigen Bildes sieht man übrigens, dass das Heilige Römische Reich sich De jure aus fünf Königreichen zusammensetzen könnte, die aber allesamt derzeit nicht existieren. Vier davon könnten aber gegründet werden, für das Königreich Friesland (rot markiert) fehlen uns aber die nötigen 51% der dazu notwendigen De jure-Ländereien.
Wer aber selbst oder über seine Vasallen diese Ländereien hält und das nötige Kleingeld und Prestige besitzt, kann solche neuen Königreiche oder auch Herzogtümer gründen. Das kann arge Konsequenzen haben, wenn z.B. aus einem Herzog plötzlich ein König wird, denn eine Person kann nicht Vasall eines Gleichrangigen sein - ein König also nicht Vasall eines anderen Königs. Da Heinrich IV. Kaiser ist und im Rang selbst über Königen steht, ist er in der besonderen Lage, dass selbst diese seine Vasallen bleiben können.
Die gewöhnliche Hierarchie im Feudalwesen ist also wie folgt:
Burg (Baron), Bistum (Bischof) und Stadt (Bürgermeister) bilden eine Grafschaft unter dem Grafen. Der Grafschaft ist Teil eines aus Grafschaften bestehenden Herzogtums, der Graf also ein Gefolgsmann des Herzogs. Die Herzogtümer bilden gemeinsam ein Königreich unter einem König. Mehrere Königreiche unterstehen einem Kaiser.
Kurz von oben nach unten:
Kaiser - König - Herzog - Graf/Erzbischof/Oberbürgermeister - Baron/Bischof/Bürgermeister
In Crusader Kings 2 kann man mit jedem beliebigen Fürsten vom Grafen aufwärts spielen. Dazu schlüpft man in die Rolle dieses Charakters und steuert seine Entscheidungen. Im Spiel übernimmt man beim Tod des Charakters immer wieder die Rolle von dessen Erben innerhalb der Dynastie. Steht kein Erbe mehr zur Verfügung, ist die Partie verloren.
Das Erbrecht
Es gibt verschiedene Formen des Erbrechtes in der feudalen Gesellschaft des Mittelalters. Manche stehen von Anfang an zur Verfügung, zum Beispiel die Erbteilung im Reich der Franken, bei dem jedem Sohn ein Teil des väterlichen Erbes zustand. Manche stehen prinzipiell zur Verfügung, benötigen aber gewisse Voraussetzungen, um eingeführt zu werden. Und weitere stehen erst im späteren Verlauf des Spiels zur Verfügung, wenn die entsprechenden Technologien entwickelt worden sind.
Eine Aufzählung der Erbgesetze:
•
Agnatisch bedeutet, dass nur Männer nachfolgeberechtigt sind. Agnat (latein. agnatus „der Hinzu-/Nachgeborene“) bezeichnet im römischen Recht einen männlichen Blutsverwandten, der in ununterbrochener männlicher Linie und ehelich legitimiert von einem Ahnherrn abstammt. Die Angehörigen der agnatischen Stammlinie sind ausschließlich Männer, die Agnaten, mit Ausnahme noch lebender unverheirateter Töchter, der Agnatinnen. Diese allerdings können die Agnation (Blutsverwandtschaft väterlicherseits) nicht über ihre Nachkommen fortsetzen, denn sie müssen nach einer Heirat zu ihrem jeweiligen Ehemann ziehen, ihre Kinder tragen dessen Familiennamen und führen dessen Linie weiter, nicht die Linie ihrer Mutter oder deren Vaters.
• Bei dem
agnatisch-kognatischen Gesetz dürfen Frauen nachfolgen, wenn keine Männer als Erben zur Verfügung stehen.
Alle jemals innerhalb der agnatischen Linie geborenen Töchter werden untergeordnet als „kognatisch“ (latein. „mitgeboren“) und gehören nicht zum agnatischen „Mannesstamm“, auch keine eingeheirateten Frauen. Agnatisch gesehen ist ein Sohn nicht mit den Schwestern seines Vaters (Tanten) verwandt, streng genommen nicht einmal mit seinen eigenen Schwestern (außer, wenn sie Agnatin ist, also unverheiratet).
• Lediglich das
absolut kognatische Erbrecht berücksichtigt bei der Nachfolge Töchter ebenso wie Söhne. Das ist im Mittelalter aber die Ausnahme.
Unten rechts: Das Erbfolgerecht unterscheidet dann noch zwischen drei Prinzipien:
•
Erbteilung (in früherer Spielversion: Gavelkind) bedeutet, dass der älteste Sohn den wichtigsten Haupttitel des Vaters erbt, die jüngeren Brüder erhalten eventuelle weitere Titel.
• Alter bedeutet Majorat, bei dem alle Titel des Verstorbenen an das älteste Mitglied des Hauses fallen. So konzentrieren sich alle Titel der Dynastie möglicherweise in seiner Hand statt in einer Vielzahl von Personen zu zerfasern.
Unter Majorat versteht man das so genannte
Senioritätsprinzip, auch Ältestenrecht. Es bezeichnet die Erbfolge, nach der allein der nächste männliche Verwandte und bei gleichem Verwandtschaftsgrad der Älteste zur Erbschaft berufen ist. Auch das so genannte Ältestengut, der sich nach dem Ältestenrecht vererbende Besitz, wird als Majorat bezeichnet. Der Erbe des Gutes zahlte den jüngeren Söhnen und den Töchtern des Erblassers allenfalls einen geringen Unterhalt. Die Stiftung eines Majorats sollte die Zersplitterung insbesondere von Landbesitz verhindern. Es konnte nur eingerichtet werden, wenn der Besitzer im vollen Umfang über seine Güter verfügen konnte, nicht jedoch, wenn es sich um ein Lehen handelte, dessen Weitergabe an das Lehnsrecht gebunden war. War das Majorat einmal eingerichtet, unterlagen dessen Besitzer der Einschränkung, dass sie das Gut nur mit Zustimmung sämtlicher männlicher Nachkommen verkaufen konnten, weshalb auf Majoratsgüter kaum Kredite vergeben wurden.
• Ältestenrecht heißt
Primogenitur, wobei alle Titel an den erstgeborenen Sohn des Verstorbenen fallen. Die jüngeren Brüder gehen leer aus. Die Primogenitur ist ein Erbfolgeprinzip, nach dem nur der Erstgeborene das Erbe antritt und alle anderen Geschwister ausgeschlossen bleiben. Erbt der Letztgeborene alles, so spricht man von
Ultimogenitur. Die Primogenitur galt vor allem in Monarchien für die Bestimmung des Thronfolgers. In der Regel konnten dabei nur Söhne die Erbfolge antreten; Töchter waren entweder ganz ausgeschlossen (Lex Salica) oder wurden gegenüber den Söhnen zurückgesetzt. Die Primogenitur sicherte den ungeteilten Bestand eines Erbes, im Falle eines Regenten also die Fortdauer einheitlicher Herrschaft über das bestehende Territorium. Je mehr in der frühen Neuzeit Herrschaftsgebiete funktionell und nach dem Selbstverständnis der Herrschaftsinhaber zu einem Staat wurden, desto erstrebenswerter wurde dieses Ziel.
Die Primogenitur ließ die Geschwister des Erben ohne Versorgung aus der Erbmasse. Man half dem teilweise ab, indem man ihnen kirchliche Pfründen zukommen ließ. Nach der Reformation verloren die protestantischen Länder diesen Behelf. Indem die jüngeren Geschwister eine geistliche Position übernahmen, fielen sie auch als Zeuger legitimer, erbberechtigter Kinder aus. Sofern also der Erstgeborene bei der Fortpflanzung „versagte“, drohte die Familie auszusterben. In solchen Fällen wich man dann oft vom Hausrecht ab, in dem Primogenitur niedergelegt war, um die Fortdauer der Familie zu sichern. Eine Besonderheit innerhalb der Primogenitur kam dann noch der so genannten
Porphyrogenese zu: Davon sprach man, wenn Söhne zu einem Zeitpunkt geboren wurden, zu dem der Vater bereits die Herrschaft inne hatte (pupurgeboren). Von besonderer Bedeutung konnte die Purpurgeburt im Falle von Thronstreitigkeiten werden – mitunter konkurrierte ein Kandidat unter Verweis auf seine Purpurgeburt mit einem älteren Bruder, der sich auf das in vielen Monarchien übliche Prinzip der Primogenitur (das Recht des Erstgeborenen) berief. Das heißt, der ältere Bruder war noch vor der Thronbesteigung seines Vaters geboren worden.
• Zuletzt existiert noch die besondere Form der Nachfolge-Wahl, bei der die Fürsten über die Neubesetzung einer ledigen Position abstimmen. Die Kandidaten hierfür können aus dem Familienkreis des Verstorbenen oder aus dem Kreis der Kurfürsten - damit sind die wahlberechtigten Fürsten gemeint - kommen. Prominentestes Beispiel einer
Wahlmonarchie ist das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Die Wahlmonarchie war nämlich eine Besonderheit des Heiligen Römischen Reiches. Denn üblich war es eigentlich, dass die Thronfolge der Könige sich nach der Erbfolge der herrschenden Dynastie bestimmten (so z.B. in Frankreich). Die Wahlmonarchie dagegen stand in der Tradition der Wahl der Germanenkönige durch die Häuptlinge der Stämme. Der Tod des letzten Karolingers führte im Jahr 911 zum ersten Mal zu einer Königswahl im Ostfränkischen Reich. Nach dem Tod Konrads I. setzte sich allerdings zunächst die Erbfolge innerhalb einer Dynastie durch, wobei die Designation des erwünschten Nachfolgers üblich war. Der designierte Nachfolger führte zu Lebzeiten des herrschenden Kaisers den Titel eines „Römischen Königs“. Erst beim Aussterben einer Dynastie war eine neue Königswahl erforderlich.
Hier sieht man die Darstellung im Spiel: Ein Kandidat vereint acht Stimmen der wahlberechtigten Fürsten auf sich und sticht damit zwei Konkurrenten in der Wahl aus. Es gilt das Gesetz der "Agnatischen Feudalwahl".