Ich hab zum aktuellen China-Zug eine kleine Geschichte geschrieben, mir war gerade danach
"Papi, Papi, Du bist zu Hause!"
"Ja mein Sohn"
"Papi, erzähl schon, wo warst du und wen hast du alles besiegt?"
"Choan, möchtest du deinen Vater nicht erstmal ins Haus lassen?"
Choan lässt seinen Vater los und dieser tritt nch alnger Zeit endlich wieder über seine Türschwelle.
'Es ist schön, zu Hause zu sein' denkt er sich und lässt sich auf einem Stuhl in der Küche sinken. 'Es sieht alles anders aus als ich es in Erinnerung habe, Choan ist größer geworden und...'
Im Türrahmen steht seine Frau, vor sich ein kleines Mädchen mit langen schwarzen Haaren und einem unsicheren Ausdruck in den Augen.
"Han, darf ich dir deine Tochter Tao Li vorstellen?
Geh zu deinem Vater und sag ihm hallo"
Han ist sprachlos, als das Mädchen schüchtern auf ihn zugeht.
"Ich bin, ich mein, Tao Li???"
"Ja als Du nach Xinjian abkommandiert wurdest, war ich bereits wieder schwanger."
"Warum hast Du nichts davon gesagt" fragt Han verblüfft, während er vorsichtig seine Tochter umarmt.
"Ich wusste selber noch nichts davon, habe es erst bemerkt, als du bereits jenseits des Meeres warst."
"Das ist wirklich ein schönes Wiedersehnsgeschenk!"
Choan ist inzwischen richtig ungeduldig geworden und hüpft von einem Bein aufs andere, bis es aus ihm heraussprudelt.
"Papi, jetzt erzähl doch endlich vom Krieg!!"
Han hebt seine tochter auf seinen Schoß, lehnt sich im Korbstuhl zurück und holt die Luft.
"Am besten, ich fange von vorn an..."
Der Wind ist kalt für die Jahreszeit, die Luft schmeckt salzig und riecht etwas nach Pferdemist. Eine ungewohnte Situation für Han und seine Kameraden. sie sind an Bord einer kaiserlichen Karavelle, die Kurs auf eine fremde Küste nimmt. Han blickt über die Reeling auf die Wellen, ab und zu tauchen einige Schaumkronen auf. Hinweise auf einen Sturm, der weiter im Süden im kalten Südmeer tobt. 'Dort zu sein ist bestimmt nicht angenehm' denkt sich Han 'aber doch wäre es mir lieber als weiter nach Osten zu segeln. Was wird mich dort erwarten, über das Barbarenland hört man nicht viel gutes, grunzende und behaarte Wesen sollen dort keulenschwingend durch die Gegend rennen, so wie meine Urahnen vor Urzeiten.
Ärgerlich, dass unser General so eisern schweigt, wenn es um unser Ziel und unsere Aufgabe geht, denkt sich Han.
So bleiben ihm nur die Gerüchte, die man hier und dort aufschnappt, aber fürchten brauch er sich nicht, ein Blick nach Norden genügt hierfür, wo bis zum Horizont nur kaiserliche Karavellen zu sehen sind, besetzt mit chinesischen Soldaten, fest entschlossen, ihre Aufgabe zu erfüllen.
Han dreht sich um und geht wieder unter Deck, er will nach seinem Pferd und seinen Tauben sehen. Jeder chinesische Soldat ist für sein Pferd selbst verantwortlich und ein guter Soldat weiß, dass ihm sein Pferd mehr zu helfen vermag als Schwert und Schild zusammen, wenn er sein Pferd gut behandelt.
Unterwegs trifft er Sun Tzu, seinem Freund.
"Hallo Sun, heute schon was aufgeschrieben?"
"Ja Han, ein guter Soldat muss ein Pferd pflegen, als wäre es sein eigener Sohn"
'Weiß ich doch' denkt sich Han im Stillen. "Dann werde ich das jetzt auch tun, bis später, Sun"
Er geht weiter zur Vorratskammer und schmunzelt dabei ein wenig über Sun, der seine freie Zeit damit verbingt, alte Bücher über die Kriegskunst zu lesen. 'Mag ja sein, dass dort ein paar schlaue Sachen drin stehen, aber in der Schlacht entscheiden die Fähigkeiten von Reiter und Pferd, wer die Schlacht gewinnt' denkt sich Han und nimmt sich aus der Vorratskammer ein Laib Brot mit. Sein Pferd mag das Steppenbrot gerne und hier unter Deck ist es kein angenehmer Ort für ein Pferd, das am liebsten die weite, offene Steppe unter seinen Hufen spürt. Das Brot wird etwas darüber hinweg helfen, außerdem braucht er ein Stück davon für seine Tauben. Han ist kein normaler kaiserlicher Soldat, er hat noch eine zusätzliche Aufgabe, denn er ist, wie es Tradition in seiner Familie erfordert, gleichzeitig auch für die Übermittlung der militärischen Informationen an den Generalstab und letztendlich den Kaiser verantwortlich.
Das chinesische Militär ist inzwischen sehr geübt in dieser Art der Informationsweitergabe. Früher gab es immer Probleme, weil man die Tauben nur dazu bringen konnte, nach Hause zu fliegen. so war es nicht möglich, von der Front Nachrichten an einen General zu senden, der sich außerhalb der Heimat der Taube aufhielt. Heute gibt es dieses Problem nicht mehr, denn neben Tauben stehen auch Falken im Dienst des Militärs. Ihre Aufgabe ist es, Tauben abzufangen, die sich auf dem Weg gen Heimat machen. Für diese Aufgabe wurden sie dressiert, die Tauben werden von den Falken nicht getötet, sondern nur gefangen und zur Erde gebracht. Diese Methode hat eindeutige Vorteile, man gelangt so auch unerkannt an Nachrichten des Feindes, die abgefangen und manipulieren werden können, ohne dass es der Feind merkt. Die Tauben leben noch und können nach einem kurzen Zwischenstopp ihr Ziel anfliegen. Leider ist bisher kein anderes Land überhaupt auf die Idee gekommen, einen Nachrichtendienst einzurichten, so dass das bis jetzt nur Zukunftsmusik ist.
Während Han noch über weitere Möglichkeiten nachgrübelt, ertönt die Schiffsglocke.
Zeit für die warme Mittagsmahlzeit. Wieder auf dem Deck, erfährt Han, dass sie nicht mehr weit von der barbarischen Küste entfernt sind. Spähbote berichten von einer unbewachten Küste, offenbar wird mit den Chinesen nicht gerechnet.
Han sucht sich an Deck eine windgeschützte Ecke und widmet sich seiner warmen Mahlzeit. Das Essen ist nicht schlecht, dennoch muss Han an seine Frau denken, die um einiges besser kochen kann. Bevor er Heimweh bekommen kann, setzt sich plötzlich Sun Tzu neben ihn, ebenfalls mit einer Schale Reis und etwas Gemüse.
"Han, ich war vorhin beim Kommandanten Huang. Eigentlich wollte ich ihn zu einer Schlacht vor 271 Jahren nahe Chin befragen, aber der Kommandant hatte anderes im Sinn." An dieser Stelle muss Han lächeln, Sun löchert wirklich jeden, ob Rekrut oder Kommandant, mit taktischen Fragen zu Schlachten aus der Vergangenheit.
Sun bemerkt das Lächeln nicht denn er ist von der neuen Aufgabe ganz eingenommen, die er von Kommandant Huang bekommen hat.
"Stell Dir vor Han, wir beide sollen zusammen eine zehn Mann starke Aufklärungstruppe bilden, die an Land die Barbaren ausspähen soll und ich habe den Befehl über diese Gruppe bekommen! Han, ab sofort bist Du mein Stellvertreter!"
Sun freut sich riesig über seinen ersten Auftrag, denn er bekommen hat. Auch Han ist erfreut, einerseits freut es ihn für Sun Tzu, andererseits kann er so dem großen Lager entfliehen. Er ist lieber in der Natur unterwegs als in einer riesen Reiterschar.