Psychische Erkrankungen

[faldegorn]

Als mir das Medikament verschrieben wurde, habe ich den Beipackzettel verlangt. Damit ich die Wirkung und die möglichen Nebenwirkungen verstehe. Das war anscheinend sehr ungewöhnlich, verlangt fast nie jemand.

Mir reicht das. Wichtig ist/war, dass ich danach achtsam war, was die Wirkung und die Nebenwirkungen angeht. Und dann die Erfahrungen mit dem Arzt besprochen habe.

Im Internet werde ich mich nicht über das Medikament informieren, halte ich für gefährlich.

[Rince Wind]

@Rinz: Wenn du dich selbst schlau gemacht hättest, dann hättest du gesehen, dass es darum geht die Wiederaufnahme von Serotonin zu hemmen. Im Grunde also genau das Gegenteil von dem was du da erzählt hast.

[Tronde]

Schlaf war ein wichtiges Thema in der Therapie, da die Probleme damit mit ursächlich für die Depressionen waren.

Schlafen ist natürlich wichtig für den Körper. Aber der Körper holt sich den Schlaf, wenn er ihn braucht. Mich zwingen zu wollen zu schlafen, ist nicht sinnvoll. Würde in den Phasen mit viel Energie auch nur bedeuten, dass ich mich im Bett wälze und ärgere, dass ich nicht schlafen kann.

Klar, zum schlafen zwingen macht keinen Sinn. Ich meinte das nur bezogen auf das Mittel, welches ja (nach meinem Verständnis deiner Erklärung) dazu führt, dass du nicht früher schlafen kannst. Aber da du dies ja in Abstimmung mit dem Arzt machst, wird das schon passen.

[Flati]

Im Internet werde ich mich nicht über das Medikament informieren, halte ich für gefährlich.

Als Laie würde ich das auch nicht machen, weil man den Bullshit als Laie nicht wirklich von den guten Aussagen trennen kann. Weiterhin sind dort häufig auch nur die Worst-Case Szenarios vertreten und nicht der Normalfall.
Am besten man vertraut dem Arzt. Wenn man bedenken hat, einen anderen Arzt zu Rate ziehen. Internet ist meist eine blöde Idee (bzgl. Medikamente, Krankheiten), außer um einen anderen Arzt zu finden.

[Rinz]

@Rinz: Wenn du dich selbst schlau gemacht hättest, dann hättest du gesehen, dass es darum geht die Wiederaufnahme von Serotonin zu hemmen. Im Grunde also genau das Gegenteil von dem was du da erzählt hast.

Nein Rince Wind - im Grunde war es nicht das Gegenteil sondern durchaus richtig, allerdings war meine Beschreibung vereinfacht, unpräzise und daher offenbar mißverständlich. Ohne die Einnahme von Antidepressiva gelangt das Serotonin von Nervenzelle zu Nervenzelle über den sog. synaptischen Spalt. Ein Teil wird von der nächsten Nervenzelle aufgenommen, ein teil gelangt über den Spalt zurück zum jeweils ausgehenden (präsynaptischen) Neuron (=Nervenzelle). Das Serotonin wird also sehr wohl gehemmt, und zwar präzise gesagt an einem ganz bestimmten Punkt des Kreislaufs, auf dem Rückweg vom synaptischen Spalt in das jeweilige präsynaptische Nervenzelle - eben bei der Wiederaufnahme. Wo jedoch genau der ganz bestimmte Ort dieser Hemmung beim/in der Nähe des Reuptake-Transporters (SERT) geschieht können wir nicht sagen, das wird das Geheimnis der Pharmaindustrie bleiben. Wie auch immer, die (jetzt präzise gesagt) Hemmung der Serotoninwiederaufnahme bewirkt - so die gängige Auffassung - eine Anhebung des Serotoninspiegels. Nichts anderes habe ich gemeint, nichts anderes habe ich gesagt - so wie ich es gesagt habe kommt es auf das selbe heraus wie du und auch wikipedia es ausdrücken, lediglich war ich unpräziser im Ausdruck.

Die gespoilerte Grafik beschreibt zwar das sogannte Serotinin-Syndrom, was durch Migränetherapeutika/Antidepressiva entsteht (also eine nicht automatisch entstehende Negativwirkung) ist aber sehr übersichtlich und verdeutlicht die Grundprinzipien, die zum Serotonin-Überschuss führen:

Achtung Spoiler:

Den Versuchskaninchen-Spruch bereue ich, das war eine unnötige Wertung, die leicht als bewußte Panikmache mißverstanden werden kann. Aber bitte nicht mißverstehen: ich bin kein "Gegner" von der Einnahme von solchen Medikamten, aber ich habe nunmal auch etwas Erfahrung und kenne einige Leute, die Antidepressiva einnehmen bzw. eingenommen haben. Es gibt unbestreitbare Vorteile, die Nachteile zu bewerten ist dagegen schon kniffliger, da muss man schon etwas tiefer in die Materie eindringen. Genau deswegen mein Tip, eben nicht blind der Pharmaindustrie zu vertrauen und auch nicht auf solche Schlaumeier wie z.B. mich zu hören sondern sich selber schlau zu machen, ich verstehe deinen Respekt vorm Internet, es gibt auch Fachliteratur in Form von Büchern, Dissertationen und Fachzeitschriften. Nur in einem sind sich wohl wirklich alle ausnahmslos einig: eigenmächtig bzw. aprupt das Medikamt abzusetzen wäre die mit Abstand schlechteste Idee.

[Rince Wind]

Sorry aber wenn du "Serotonin hemmen" schreibst und "die Wiederaufnahme von Serotonin hemmen" meinst, dann ist unpräzise schon jetzt die Untertreibung des Jahres.

Wenn man ersteres hört ist die Assoziation ganz sicher nicht letzteres, egal wie du das jetzt schön reden möchtest. Denn meine, und ich denke da bin ich nicht allein, Assoziation bei "Serotonin hemmen" ist, dass der Wirkstoff gehemmt wird, entweder indem die Ausschüttung unterbunden oder indem die Wirkung neutralisiert wird.

[Cepheus]

Im Internet werde ich mich nicht über das Medikament informieren, halte ich für gefährlich.

Irgendwelchen Laien-"Informationen" bei fragmutti.de zu vertrauen natürlich. Beipackzettel lassen sich aber tatsächlich üblicherweise im Original im Internet finden.
Eine Frage aus (beruflichem) Interesse, nicht wirklich zum Thema beitragend: Du lebst nicht in Deutschland? Denn sonst kann es dir eigentlich nicht passieren, dass dir ein Medikament verschrieben wird (abgesehen von Mustern, die dir der Arzt direkt mitgibt) ohne dass ein Beipackzettel dabei wäre...? Dass man speziell danach verlangen muss, wäre in D neu...

*edit* @Rinz, und nicht Rince.. : Nein, deine Beschreibung suggeriert, wie Rince es schon sagt, genau das Gegenteil von dem, was tatsächlich passiert. Das kannst du dir durch kunstvolle Umschreibungen hinbiegen, wie du magst... Ob Serotonin selbst oder dessen Wiederaufnahme im synaptischen Spalt gehemmt werden, löst nunmal genau konträre Wirkungen aus und lässt sich nicht durch Ungenauigkeiten deiner Formulierung erklären oder relativieren...

[Shakka]

Im Krankenhaus bekommt man doch meistens keinen Beipackzettel?
Sondern "nur" ein mehr oder weniger aufklärendes Gespräch.

[Rince Wind]

Ich hatte faldegorn so verstanden, dass er den Beipackzettel lesen wollte bevor er das Rezept bekommt.

[Cepheus]

Im Krankenhaus bekommt man doch meistens keinen Beipackzettel?
Sondern "nur" ein mehr oder weniger aufklärendes Gespräch.

Ich hatte faldegorn so verstanden, dass er den Beipackzettel lesen wollte bevor er das Rezept bekommt.

Beides durchaus möglich. Ich hatte "verschrieben bekommen" als "Rezept in die Hand bekommen" übersetzt, aber vermutlich meint er eine der beiden Varianten... Dass er dann tatsächlich auf Station oder vom Haus- bzw. Facharzt den Beipackzettel bekommt, wäre wiederum überraschend erfreulich. War aber, wie gesagt, auch nur Neugier und nichts was dem Fall in der einen oder anderen Richtung dienlich wäre.

*edit* Gerade festgestellt, dass ich ein edit, das ich im vorherigen Post anfügen wollte, im falschen Thread hinzugefügt hab... Daher hier nochmal:
"edit: @ falde: Ich lese hier seit Anfang mit, hab mich aber bisher noch aber noch nicht gemeldet: Auch von mir ein dafür, wie du mit der Situation umgehst. Von dein.er Sorte sollte es mehr Menschen geben, Nur so geht es imho..."

[faldegorn]

Das Medikament habe ich in der Klinik erhalten. Hier (Schweiz) ist es üblich, dass man da einfach das Medikament abgibt. Natürlich nur von einem Arzt, der dann auch erklärt, was man da erhält. Den Beipackzettel wollte ich dennoch lesen und habe diesen verlangt. Hat die Ärztin hier auch gut gefunden, dass ich das wollte. Aber ist wohl eher selten, dass den jemand aktiv verlangt und liest.

Später beim Austritt habe ich ein Rezept erhalten, um das Medikament weiter beziehen zu können. Ich habe hier nicht soviel Erfahrung, aber wahrscheinlich ist das bei solchen Medikamenten auch hier üblich, dass man das ausserhalb der Klinik nur per Rezept bekommt. Als ich dann das Medikament bezogen habe, war die Apothekerin zuerst stutzig und wollte mich noch ein weiteres Mal "aufklären", was ich gut, aber auch auch lustig fand.

[Kendogan]

Antidepressiva gibt es auch „hier“ nur auf Rezept und prinzipiell haben Apotheker im deutschsprachigen Raum mMn eine Beratungs- und Aufklärungspflicht, was halt einige sehr ernst nehmen.

[Cepheus]

und wollte mich noch ein weiteres Mal "aufklären", was ich gut, aber auch auch lustig fand.

und prinzipiell haben Apotheker im deutschsprachigen Raum mMn eine Beratungs- und Aufklärungspflicht, was halt einige sehr ernst nehmen.

Danke, persönliche Neugier befriedigt. Damit ist auch klar, dass dir nicht sofort die Packungsbeilage zu Hand war.

@ falde: Ich will hier auch sicher keine Standesdiskussion beginnen, aber deutschen Erfahrungen zufolge kannst du auf alle Fälle froh sein, wenn du nervigerweise doppelt "aufgeklärt" wurdest. Jedenfalls, wenn du nicht zu denen gehörst, die die Nebenwirkungen nur dann spüren, weil sie überhaupt davon wissen.

[faldegorn]

Danke übrigens an alle, die sich in diesem Thread so aktiv betätigen! Depressionen sind kein leichtes Thema, und ich habe den Thread damals aus purer Verzweiflung eröffnet... Mir ging es da wirklich extrem schlecht. Was ich damit erreichen wollte, ist mir nicht klar, und muss es auch nicht sein.

Aber ist wirklich toll, dass man das Thema hier diskutieren darf

[Cepheus]

Aber ist wirklich toll, dass man das Thema hier diskutieren darf

Schlimm genug, dass das nicht selbstverständlich ist, aber... .