Von der Wirtin Elone habe ich noch eine Karte mit dem Weg nach Balmora erhalten. Danach könnte ich den Weg in östlicher Richtung nehmen, um über einen Ort namens Pelagiad oder so nach Balmora zu gelangen. Oder nördlich an der Gruft vorbei bis zu dem Ort Hla Oad und dann am Fluss entlang. Allerdings bin ich neu hier und eine Begleitung habe ich nicht gefunden. Beide Wege sind mir zu unsicher. Ach, was die Freiheit so für Probleme mit sich bringt... Ich werde vorsichtig sein und zu der netten Schlickschreiterführerin gehen. Wer nicht gehen will, soll reiten, sagt sie. Auch zu anderen Orten kann sie mich mit dem Flohvieh bringen. Hoffentlich falle ich nicht oben raus...
Wir erreichen Balmora um Mitternacht. Beim Aussteigen muss ich mich festhalten. Ja, der Ausblick auf die schlafende Stadt ist sehr beeindruckend. Aber vornehmlich bin ich vom Schaukeln benommen... Die Häuser sind – anders als in Seyda Neen – allesamt aus Stein gebaut. Ich sehe gepflasterte Straßen und Plätze, die die Häuserreihen umschließen und einige Brücken, die den Ostteil und den Westteil miteinander verbinden, der durch den Odai-Fluss zweigeteilt wird. Am Horizont und rechts von mir sehe ich hohe Wachtürme, verbunden durch eine wehrhafte Stadtmauer. Am Himmel leuchten die – ich werde jäh aus meinen Gedanken gerissen. An die Geräusche hier muss ich mich wirklich noch gewöhnen. Ich werde wohl erst einmal Caius Cosades aufsuchen und dann bis zum Morgen ausschlafen. Uaaahhh.
Den Gesuchten zu finden erwies sich indes als Herausforderung. Es gibt viele Tavernen, Läden und Gildenhäuser hier. Auch liefen noch etliche Bürger herum, von denen ich nichts zu hören bekam, außer ich solle mich trollen. Als ob ich auf Guarmist geschlafen hätte. Gut, eine Wäsche täte mir vielleicht auch gut, das mache ich gleich übermorgen.
Endlich, ganz am Rand der Stadt habe ich endlich das Haus von Caius Cosades gefunden. Ich öffnete die Tür und musste beinahe lachen. Vor mir stand ein alter, halbnackter Mann, der auf mich den Eindruck machte, als hätte er zuviel an der Pfeife, die neben seinem Bett steht, genuckelt. Er gab sich gänzlich unbeeindruckt von meiner Reaktion, als hätte er sie erwartet. Er kam gleich zur Sache und bat mich um das Päckchen, das ich ihm bringen sollte. Woher weiß der ...? Ich gab es ihm. Worauf er mir eröffnete er sei ein Spion des Kaisers und vertrete ihn hier auf dieser Insel. Er sei der Chef und ich jetzt sein Diener. Auszubildender. Sklave.
Damit ich hilfreich sein kann, sollte ich mir von allen Ausbildern der "Klingen", so nannten sich die Spione hier, kleine Geschenke abholen. Wenn ich es eilig gehabt hätte, wäre mir wohl gleich eine Aufgabe zuteil geworden. Ich wollte aber erstmal schlafen. Das muss er mir wohl angesehen haben, denn er gab mir die Schlüssel eines Hauses am anderen Ende der Stadt. Der Magier, der es bewohnte, kommt wohl nicht mehr wieder – und in seinem Bett dürfte ich nicht schlafen. Als ob ich das vorgehabt hätte... Er erzählte mir noch allerlei Wissenswertes, bevor er mich in die Dunkelheit entließ. Gedankenversunken schritt ich am Odai entlang, überquerte ihn schließlich und ging am offenen Stadttor vorbei. Dann stand ich, seiner Beschreibung zufolge, vor meiner künftigen Bleibe.
Ich hatte nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war und dass der Morgen bereits graute, als ich das Haus, mein Haus erreichte. Es war so ähnlich gebaut wie die anderen Häuser der Stadt, aber die lange Treppe hatte ein ehernes Geländer und das Haus war bis auf die Vorderfront völlig von Pflanzen umgeben. Der Schlüssel passte ins Schloss und die Tür öffnete sich mit einem lauten Knarksen. Ich trat ein und stand einige Zeit fassungslos da. So etwas hatte ich noch niemals zuvor gesehen. Auch nicht davon gehört. Es war wie in einer der Geschichten, die ich in den alten Büchern von Arana gelesen hatte.
Der Raum, in dem ich stand, war riesengroß. Rechter Hand schien es noch weiter zu gehen. Ein großer roter Schmetterling flatterte um einen Baum mit roten Früchten. Um sie herum schwebte so etwas wie feiner leuchtender Staub. Es war eine Fee, wie sich herausstellte. Eine, die sprechen konnte und mir Schmiedeausrüstung feilbot und ihre Schmiededienste. Und sie kannte meinen Namen. Sonderbar.